Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

Corona-Schutzmaßnahmen: Zeit der Legislative!

(Berlin) - Gesetze werden in Deutschland normalerweise von der Legislative, also vom Parlament, beschlossen. Das muss auch für Corona-Schutzmaßnahmen gelten. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) fordert, dringend wieder zum demokratischen Gesetzgebungsprozess zurückzukehren - und das Parlament entscheiden zu lassen. Die Zeit der Notverordnungen ist nach Monaten der Pandemie so nicht mehr notwendig. Damit würden nicht nur die Regeln eher akzeptiert, sondern auch der Rechtsstaat.

Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht und Sperrstunden beschneiden die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger. "In Zeiten der Pandemie kann es notwendig sein, vorübergehend die Grundrechte einzuschränken - die Regelungen müssen aber auf einer gesetzlichen Grundlage stehen. Das bedeutet: Gewählte Volksvertreter müssen darüber entscheiden, und zwar auf Bundes- und Landesebene", mahnt Rechtsanwältin Dr. Sylvia Ruge, Hauptgeschäftsführerin des DAV. "In einem demokratischen Rechtsstaat ist das Standard. Wir müssen jetzt wieder auf Kurs kommen", fügt sie hinzu. Es reiche nicht aus, dass das Handeln nur auf einer Regelung im Infektionsschutzgesetz beruht. Es bedürfe auch einer besseren Ermächtigungsgrundlage.

Für den DAV gelte dies auch in den Bundesländern. In der Pandemie kommt dem Föderalismus eine besondere Bedeutung zu: Die Länder reagieren auf die unterschiedliche Entwicklung mit eigenen Maßnahmen. "Was im Großen gilt, muss auch im Kleinen gelten: Auch in den Ländern müssen Corona-Schutzmaßnahmen durch die Parlamente", fordert die DAV-Hauptgeschäftsführerin. Auch hier müssten die Ermächtigungsgrundlagen verbessert werden.

Dass die Zeit drängt, ist längst kein Argument mehr - trotz steigender Infektionszahlen. Die Politik hatte genügend Zeit, Erfahrung zu sammeln. Die Pandemie geht zudem nicht so schnell vorüber, wie viele gehofft haben. Dass die Exekutive per Verordnung regiert, darf keine Dauerlösung sein. "Wir müssen lernen, mit der Krankheit zu leben, auch politisch", sagt Ruge vom DAV. Dazu gehöre, dass Regelungen trotz steigender Infektionszahlen auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden.

Dass seit Tagen darüber diskutiert wird, das Parlament wieder mehr zu involvieren, zeigt, wie stark die Debattenkultur und der Rechtsstaat in Deutschland sind. Diese Dynamik gilt es zu nutzen. "Das Parlament muss seine Rechte auch einfordern", sagt Ruge.

Als freier Verbund der Anwaltschaft ist der DAV nicht nur Verteidiger der Bürgerinnen und Bürger, sondern auch des Rechtsstaats. Anwältinnen und Anwälte stehen in engem Kontakt mit den Menschen, die die Gesetze betreffen. Und sie sind involviert, wenn Corona-Schutzmaßnahmen gerichtlich überprüft werden. Ob die Maßnahmen überhaupt Wirkung zeigen, hängt außerdem davon ab, ob die Menschen sich daran halten. Die Akzeptanz dürfte deutlich höher sein, wenn die Einschränkungen vom Parlament kontrolliert werden. Damit steigt auch die Akzeptanz des Rechtsstaats allgemein. Die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung allein kann das nicht ersetzen. "Ein demokratischer Gesetzgebungsprozess ist kein Selbstzweck. Wenn Gesetze im Parlament diskutiert werden, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie später einer gerichtlichen Überprüfung standhalten", sagt Ruge.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV) Pressestelle Littenstr. 11, 10179 Berlin Telefon: (030) 7261520, Fax: (030) 726152190

(tr)

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