Pressemitteilung |

BGA-Jahrestagung in Berlin

(Berlin) - "Warum begreift die Bundesregierung den mit dem Regierungsumzug verbundenen Ortswechsel nicht als Chance für einen wirklichen Politikwechsel?" Diese Frage stellte Dr. Michael Fuchs, Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA) und der neu gegründeten Bundesvereinigung Deutscher Handelsverbände (BDH) auf der heutigen BGA-Jahrestages in Berlin. Als Gastredner konnte der BGA unter anderen den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Walter Riester begrüßen. Die deutsche Wirtschaft warte auf den Politikwechsel, den auch die Berater der Bundesregierung forderten, führte Fuchs aus. Die Fünf Weisen hätten bestätigt, dass die Wirtschaftspolitik unter erheblichem Reformdruck stehe.

Die Bilanz der rot-grünen Bundesregierung sei nach gut einem Jahr auf dem Feld der Wirtschafts- und Sozialpolitik ernüchternd. Beim Wirtschaftswachstum rangiere die Bundesrepublik in diesem Jahr im Vergleich zu den anderen Industriestaaten in Europa am unteren Ende. Nur Italien erziele ein noch schwächeres Wachstum. "Sicherlich gewinnt die Konjunktur im nächsten Jahr an Fahrt. Dennoch liegen die optimistischsten Wachstumsprognosen für Deutschland weiterhin unter dem Durchschnitt der anderen europäischen Staaten", führte Fuchs aus. Es sei nun Aufgabe der Politik, mit durchgreifenden Reformen die binnenwirtschaftlichen Kräfte und damit das Wachstum zu unterstützen.

Es bestehe dringender Handlungsbedarf, denn die Zahl der Erwerbstätigen werde in diesem Jahr zurückgehen. Es sei nicht Gott gegeben, dass das Wachstum in Deutschland vergleichsweise niedrig ausfalle und die Arbeitslosigkeit so bedrückend hoch bliebe. Die USA könnten seit Jahren auf eine beträchtliche Wachstumsrate von meist deutlich über 3 Prozent verweisen. "In den vergangenen sieben Jahren konnten dort über 30 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Arbeitslosigkeit liegt jetzt bei rund 4 Prozent, einer Quote, von der Deutschland derzeit nur träumen kann.", sagte Fuchs. Ein entscheidender Ansatzpunkt zur Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit in Deutschland sei in einer wachstumsorientierten Steuerpolitik zu sehen. Die Steuerpolitik der Bundesregierung müsse endlich von ökonomischer Vernunft getragen werden. Die Steuerbelastungen durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002, die Ökosteuererhöhungen, die Belastungen durch die Neuregelung der 630-DM-Jobs, die drohende Verschlechterung der Abschreibungsbedingungen sowie die Diskussion um die Wiedereinführung einer Vermögens- und die Erhöhung der Erbschaftsteuer seien ökonomisch widersinnig und hätten alle Wirtschaftsbeteiligten stark verunsichert. Bei den Ökosteuern sollte der Irrweg verlassen und das Projekt insgesamt aufgegeben werden.

Der deutsche Handel sei mehr als enttäuscht darüber, dass die Bundesregierung ihre Zusage nicht eingehalten habe, mit der Unternehmensteuerreform schon am 1. Januar 2000 zu beginnen. Die Unternehmensteuerreform müsse schneller und mit einer höheren Entlastung kommen. "Die Nettoentlastung muss deutlich über den bereits zugesagten 8 Milliarden DM liegen, denn dieser Betrag entspricht nur ungefähr der jährlichen Mehrbelastung der Wirtschaft aus dem sogenannten Steuerentlastungsgesetz", führte Fuchs aus.

Zur Sozialpolitik erklärte der BGA-Präsident, dass während sich die Wirtschaft erfolgreich an die veränderten Rahmenbedingungen anpasse, sich der Sozialstaat deutscher Prägung bisher als völlig reformresistent erweise. Bis Ende 1998 sei der Anteil der Sozialausgaben am Bruttoinlands-Produkt auf fast 34 Prozent angestiegen. Es sei aber nicht nur das Ausmaß der gewährten Sozialleistungen, sondern vor allem die konkrete Ausgestaltung samt Folgewirkungen, die die Willkür des deutschen Sozialsystems offen lege. Niedergeschrieben finde sich die deutsche Sozialgesetzgebung in einem nicht mehr zu überblickenden Dickicht von neun Bänden auf 3.000 Seiten. "Insgesamt 38 Behörden sind für die unterschiedlichen Sozialleistungen verantwortlich. Je unübersichtlicher desto willkürlicher erfolgt aber die Ausgestaltung des Sozialstaates. Dass es dann auch zu Missbrauch kommen muss, ist zwangsläufig. Dieses Dickicht muss gelichtet werden", forderte Fuchs.

Die Intensivierung und Beschleunigung des weltweiten Wettbewerbs sei nicht die Ursache der Krise unseres Sozialstaates, sondern sie lege lediglich unverblümt seine Schwächen offen. "Wir befinden uns daher nicht auf dem Weg in die Globalisierungsfalle, sondern auf dem direkten Weg in die Sozialisierungsfalle", sagte Fuchs. Am besten zeige dies die Rentenpolitik. Allein der Blick auf die Bevölkerungsentwicklung reiche aus um zu erkennen, dass in 30 Jahren ein Beitragszahler alleine einen Rentner finanzieren müsse. Dies habe zur Folge, dass der Beitragssatz zur Gesetzlichen Rentenversicherung je nach Prognosemodell auf eine schwindelerregende Höhe von bis zu 29 Prozent ansteigen werde. Die Begrenzung des Rentenanstiegs auf die Höhe der Inflationsrate weise vor diesem Hintergrund zwar in die richtige Richtung, denn sie wirke angesichts des enormen Kostendrucks schnell stabilisierend auf die Beitragssätze. Allerdings könne dies nur der erste Schritt auf dem Weg zu einer langfristig verlässlichen Rentenreform sein", erklärte Fuchs. Der BGA-Präsident forderte die Bundesregierung auf, eine zusätzliche private kapitalgedeckte Altersvorsorge der Arbeitnehmer zu fördern. Die Rente mit 60 lehne der Handel geschlossen ab, da diese schlicht nicht finanzierbar sei. "Was wir daher jetzt brauchen, sind keine neuen sozialen Luxusmodelle für Frührentner, sondern ein Bündnis für mehr Nettolohn", forderte Fuchs auf der BGA-Jahrestagung 1999 in Berlin.

Quelle und Kontaktadresse:
BGA

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