Pressemitteilung | BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft e.V.

Altglasrecycling droht das Aus / 10.000 Arbeitsplätze und 1 Mrd. DM Invest gefährdet

(Köln / Berlin) - Mit 30 vor dem Bundesumweltministerium in Berlin aufgestellten Glascontainern, einem Dutzend Spezialfahrzeugen und zahlreichen Mitarbeitern von Entsorgungs- und Recyclingbetrieben hat der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE), Köln, am 7. Dezember gegen die geplante Einführung eines Zwangspfandes auf Einwegglas protestiert. Der größte deutsche und auch europäische Branchenverband in der Entsorgungs- und Kreislaufwirtschaft befürchtet den Zusammenbruch des Glasrecyclings und damit massive wirtschaftliche Nachteile sowohl für die Recyclingbranche als auch für die Hohlglasindustrie und den Verlust von rund 10.000 Arbeitsplätzen. Negative Folgen sieht man auch für die Haushalte und den Handel.

Zum Schutz der Mehrwegsysteme für Getränke fordert die Verpackungsverordnung seit zehn Jahren eine Mindestquote. Wird diese unterschritten, tritt automatisch eine Pfandpflicht ein - allerdings nur für die betroffenen Getränkesorten. Da aber zur Zeit nur Bierdosen von einem Zwangspfand bedroht sind, nicht jedoch Cola-Dosen, streben die Umweltminister eine Änderung der Verpackungsverordnung an. Es geht dann nicht mehr um Einweg oder Mehrweg, sondern um umweltfreundliche oder umweltschädliche Verpackungen.

Die umweltschädlichen Getränkeverpackungen sollen dann generell mit einem Pfand belegt werden. Zu diesen umweltschädlichen Verpackungen zählt das Umweltbundesamt auch das Einwegglas, obwohl es kein anderes Material gibt, das seit Jahren so konsequent und erfolgreich - mit Hilfe der Bürger - recycelt wird.

80 % der in den Handel gelangenden Glasverpackungen werden über die 300.000 Altglascontainer farbgetrennt erfasst und in 25 Aufbereitungsanlagen für die Wiederverwendung in den Glashütten vorbereitet. Das sind rund 2,7 Millionen Tonnen pro Jahr. Davon wären 1,5 Millionen Tonnen durch das Pflichtpfand betroffen, was eine wirtschaftlich vertretbare Sammlung für die Restmenge massiv gefährde, so BDE-Hauptgeschäftsführer Frank-Rainer Billigmann auf einer die Demonstration begleitenden Pressekonferenz in Berlin.

"Das Zwangspfand auf Einwegglasflaschen ist aus Sicht des BDE ökonomisch und ökologisch unsinnig und darüber hinaus verbraucherfeindlich", ergänzte Billigmann. Unterstützt wurde er in seiner Argumentation von einem Vertreter der Gesellschaft für Glasrecycling und Abfallvermeidung mbH (GGA, Ravensburg).


Ökonomischer Unsinn

Die Einführung eines weitestgehend über Rücknahmeautomaten abzuwickelnden Pfandsystems würde die in den letzten Jahren bereits getätigten Investitionen von rund einer Milliarde Mark nivellieren, gleichzeitig umfangreiche Neuinvestitionen in Automatentechnik und Logistik erfordern, die letztlich sogar das Mehrwegsystem insgesamt gefährden. Des Weiteren sei davon auszugehen, dass ein Pfandsystem der Volkswirtschaft eine Kaufkraft von dauerhaft ca. 1,5 Mrd. DM im Jahr entzieht.

Die Folgen: "Glasrecycling für den Rest der nicht bepfandeten Glasverpackungen wird teurer, weil Investitionen erwirtschaftet werden müssen. Vor allem kleinen und mittelständischen Betrieben droht der Konkurs, weil ihre Geschäftsgrundlage entfällt. Der Verlust von addierten 10.000 Arbeitsplätzen steht zu befürchten," führte Billigmann weiter aus.


Die Küche als Wertstoffhof

Der Bürger könne damit rechnen, so Billigmann, in Zukunft noch mehr Sammelbehälter in seiner Wohnung aufstellen zu müssen, um Mehrwegglas, unbepfandetes Glas, Pfandglas und bepfandete Getränkedosen getrennt aufzubewahren. Um die Verwirrung zu verdeutlichen, nannte Billigmann Beispiele: Pfänder auf Wein-, Saft- und Wasserflaschen, nicht jedoch auf Sekt-, Likör- und Cognacflaschen. Pfänder auch auf sämtliche Getränkedosen, nicht jedoch auf Konservendosen für Gemüse oder Kondensmilch.

Habe der Bürger auch dieses System dann verinnerlicht, so müsse er all diese Verpackungssorten auch noch zu verschiedenen Sammelstellen bringen. Unbepfandetes Glas in den Container, bepfandetes in den Einzelhandel, bepfandete Dosen in den Automaten und pfandfreie in die gelbe Tonne. "Kann man das ernsthaft den Bürgern zumuten?" fragt Billigmann, zumal der Weg zu den Containern länger werde: Denn durch die niedrigere Menge von nicht bepfandeten Glasflaschen müssten zahlreiche Containerstandorte aufgegeben werden.


Der Umwelt wird ein Bärendienst erwiesen

Ein weiteres Ziel der Umweltminister, erklärte Billigmann, sei es, dass Dosen künftig nicht mehr achtlos in die Landschaft geworfen würden. Ob man dies jedoch mit 50 Pfennigen je Dose erreiche, müsse sich zeigen. Doch zugleich das etablierte Glasrecycling zu gefährden, diene sicherlich nicht der Umwelt. Negative Umwelteffekte verursache auch die Erfassung der bepfandeten Einwegflaschen über die Rücknahmeautomaten, so Billigmann. Ein Automat müsse die Flaschen aus Platzgründen zerstoßen. Dabei entstehe Mischglas, wenn nicht drei Automaten für drei Glassorten aufgestellt werden sollen. Dieses Mischglas sei jedoch kaum mehr zu verwerten.

Statt weiterhin erfolgreich Glas zu recyceln, würden ca. 2,2 Millionen Tonnen Altglas auf die Deponien wandern: "Ein Rückfall in die Steinzeit der Abfallwirtschaft", konstatiert der BDE.

Es sei nicht zu erwarten, dass der Handel Mehrweg und Einweg parallel anbieten werde, weil in den Läden Platz nur beschränkt verfügbar sei. Letztlich werde es zumindest in den Großformen des Handels und in den meisten Supermärkten wohl zu einer Bevorzugung der Einweglösungen kommen, Mehrweg werde - entgegen der ursprünglichen Intention - geschwächt, prognostiziert der BDE.

Die Forderung des BDE fasst Billigmann zusammen: "Die Bürgerinnen und Bürger müssen über diese Folgen eines Zwangspfandes umfassend aufgeklärt werden. Die Materie ist zu komplex, als dass eine Lösung, die wohl vorrangig nur die Getränkedose im Auge hat, unter dem Deckmantel des Umweltschutzes auch auf Glas ausgedehnt werden kann und dort ein voll funktionstüchtiges, umweltfreundliches System zerschlägt: das Recycling von Altglas."


Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. (BDE) Schönhauser Str. 3 50968 Köln Telefon: 0221/9347000 Telefax: 0221/93470090

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