Pressemitteilung | Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V.

30 Jahre Mauerfall: Stiftungen im Osten holen auf / 1.337 neue Stiftungen wurden seit der Wende in Ostdeutschland gegründet

(Berlin) - Seit der Wiedervereinigung Deutschlands sind in den einst stiftungsarmen fünf ostdeutschen Bundesländern 1.337 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts gegründet worden (Zeitraum: 03.10.1990 bis 31.12.2018). Damit existierten Ende 2018 in den ostdeutschen Bundesländern (ohne Berlin) 1.613 rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts, die sich für das Gemeinwohl einsetzen - und es werden jedes Jahr mehr. Bis Ende Oktober 2019 sind bereits 30 neue Stiftungen hinzugekommen.

"Der Mauerfall war der Startschuss für die Entwicklung einer lebendigen Zivilgesellschaft und die Gründung zahlreicher Stiftungen in Ostdeutschland", sagt Prof. Dr. Joachim Rogall, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen. "Diese setzen heute lokal, regional wie auch bundesweit ein starkes Zeichen für Demokratie, gesellschaftlichen Zusammenhalt, Vielfalt, bürgerschaftliches Engagement und Menschenfreundlichkeit."

Der Osten stiftet anders

"Das Engagement von Stiftungen in Ostdeutschland ist heute wichtiger denn je. Wir brauchen es, um die Zivilgesellschaft zu stärken", so Dr. Eva Sturm, Beiratsmitglied des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen und Vorstand der Cellex Stiftung, Dresden. "Kulturelle Unterschiede gibt es durchaus zwischen der ost- und westdeutschen Stiftungslandschaft: So spielen beispielsweise im Osten kapitalstarke Einzelstifterinnen und -stifter eine geringere Rolle als im Westen. Dafür sind Bürger- und Gemeinschaftsstiftungen, in denen sich viele Menschen zusammen engagieren, im Osten von besonderer Bedeutung. Statt durch Erträge aus dem Stiftungsvermögen stemmen viele Ost-Stiftungen ihre Arbeit durch bürgerschaftliches Engagement und Fundraising, zum Beispiel über Spenden. Angesichts niedriger Kapitalerträge trifft dies zurzeit allerdings auch zunehmend auf die kleineren Stiftungen in Westdeutschland zu."

Wo gibt es im Osten die meisten Stiftungen?

Unter den ostdeutschen Flächenländern liegt Sachsen mit 569 Stiftungen vorne, gefolgt von Thüringen (335), Sachsen-Anhalt (309) und Brandenburg (237). In Mecklenburg-Vorpommern ist die Zahl der Stiftungen bundesweit am niedrigsten (163).

Stiftungsdichte

In puncto Stiftungsdichte liegt Thüringen vor den anderen ostdeutschen Flächenländern. Dort kommen 16 Stiftungen auf 100.000 Einwohner. In Sachsen und Sachsen-Anhalt sind es je 14. Alle drei Bundesländer rangieren damit aber deutlich unter dem bundesdeutschen Durchschnitt von 28 Stiftungen pro 100.000 Einwohner. Am niedrigsten ist die Stiftungsdichte in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern: 10 Stiftungen gibt es dort pro 100.000 Menschen.

In Großstädten ist die Stiftungsdichte höher als auf dem Land. Unter den ostdeutschen Großstädten liegt Potsdam vorne: 31 rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts existieren dort pro 100.000 Einwohner. Platz 2 belegt Jena (29), Platz 3 Dresden (27). Alle drei Städte liegen damit vor Berlin, das mit 26 Stiftungen an 4. Stelle folgt.

Wachstumsrate im Osten hoch

In Bezug auf die Gründungsdynamik haben deutschlandweit aktuell drei ostdeutsche Bundesländer die Nase vorn: Platz 1 belegt Brandenburg, wo die Wachstumsrate 2018 bei 8,2 Prozent lag. Auf Platz 2 folgt Sachsen-Anhalt mit 4,7 Prozent, auf Platz 3 Sachsen mit 4,0 Prozent. Alle drei Länder liegen damit deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt von 2,1 Prozent.

Historische Unterschiede in Ost und West

Trotz dieser Entwicklung gibt es im Osten weit weniger Stiftungen als im Westen, was historisch bedingt ist. Das betrifft sowohl die absoluten Zahlen als auch die Stiftungsdichte: 1.613 Stiftungen in den ostdeutschen Flächenländern stehen 20.175 Stiftungen in Westdeutschland gegenüber (hinzu kommt Berlin: 955 Stiftungen). Damit machen die ostdeutschen Stiftungen rund 7 Prozent der 22.743 Stiftungen in ganz Deutschland aus. Im Osten gibt es 13 Stiftungen auf 100.000 Einwohner im Vergleich zu 35 im Westen.

Das Gefälle rührt daher, dass Stiftungen in der DDR als Ausdruck zivilgesellschaftlichen Engagements staatlicherseits unerwünscht waren. So wurden zwischen 1952 und 1956 rund 90 Prozent aller zu dem Zeitpunkt bestehenden weltlichen Stiftungen aufgelöst. Im Zivilgesetzbuch von 1976 waren Gründungen neuer Stiftungen nicht mehr vorgesehen. Dass auch seit der Wiedervereinigung im Osten weniger Stiftungen gegründet werden als im Westen, liegt unter anderem an der Vermögensverteilung: Noch heute sind die Vermögen der Menschen in den östlichen Ländern insgesamt wesentlich geringer als in den westlichen. Somit steht auch weniger Geld zum Stiften zur Verfügung.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V. Mario Schulz Mauerstr. 93, 10117 Berlin Telefon: (030) 8979470, Fax: (030) 89794711

(rs)

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