Pressemitteilung | Deutscher LandFrauenverband e.V. (dlv)

Ganzheitlicher Ansatz in der Agrar- und Verbraucherpolitik

(Berlin) - Die Präsidentin des Deutschen Landfrauenverbandes (dlv), Erika Lenz, begrüßt die Absicht der Landwirtschaftsministerin Renate Künast, den Bäuerinnen und Bauern in Zukunft die Möglichkeit zu eröffnen, wieder mehr Anerkennung für ihre Arbeit und ihre Erzeugnisse zu bekommen. Bisher waren die bäuerlichen Familien entsprechend der Forderungen der Politik gezwungen, immer mehr zu immer billigeren Preisen zu erzeugen. Diese Spirale soll mit der „neuen Agrarpolitik“ durchbrochen werden.

Allerdings fordert die Präsidentin Erika Lenz die Ministerin auf, aus dem magischen Sechseck der neuen Agrarpolitik, das aus Verbrauchern, der Landwirtschaft, der Futtermittelindustrie, der Lebensmittelindustrie, dem Einzelhandel und der Politik besteht, unter Einbeziehung der Landfrauen ein Siebeneck zu formen. Denn der ländliche Raum als gesamter Wirtschaftsraum ist betroffen, und es gibt bisher keinen Vertreter, der sich für den ländliche Raum als Ganzes einbringen wird. Diese Lücke können die Landfrauen schließen. Als Multiplikator im ländlichen Raum steht der Deutsche Landfrauenverband für:

- Einheit des ländlichen Raumes: Landfrauen sind wichtiger Bestandteil des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens auf dem Lande. Gerade in Umbruchzeiten werden von Landfrauenvereinen Verunsicherungen und Ängste aufgefangen

- Netzwerke: Landfrauen bieten mit ihren Vereinen den organisatorischen Rahmen für regionale Initiativen für eine Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen im ländlichen Raum.

- Bildung: Der Landfrauenverband ist der größer Bildungsträger im ländlichen Raum.

- Arbeitsplätze: Landfrauen bieten vielfältige Qualifizierungsangebote für Frauen im ländlichen Raum, die durch den Strukturwandel betroffen sind, neue Einkommensquellen für sich erschließen wollen oder müssen.

- Verbraucheraufklärung: Landfrauen gewährleisten den Dialog zwischen Produzentinnen und Verbraucherinnen. Neben ausgebildeten Hauswirtschaftsmeisterinnen und Ernährungsberaterinnen qualifiziert der dlv Botschafterinnen für heimische Produkte und kann auf diese bestehenden Strukturen aufbauen.

Nach Meinung der Landfrauenpräsidentin muß es zu einem ganzheitlichen Ansatz in der Agrar- und Verbraucherpolitik kommen. Nur wenn gleichzeitig und parallel zur Agrarpolitik auch eine massive Verbraucheraufklärung betrieben wird, kann ein großer Absatzmarkt für hochwertige und regional erzeugte Nahrungsmittel geschaffen werden. Denn „Qualität hat ihren Preis“, betonte Erika Lenz. Auch wenn die Bereitschaft vorhanden ist, für Qualität tiefer in den Geldbeutel zu greifen, fehlt vielen Verbrauchern das Wissen über Merkmale, die die Qualität erkennbar machen. Es reicht nicht, die Bereitschaft Qualitätsprodukte zu kaufen zu fördern, sondern erst wenn die Verbraucher selber die Qualität prüfen, bzw. erkennen können, wird sich das Verbraucherverhalten nachhaltig verändern.

„Erst wenn die Ministerin in diesem Bereich nachweisbar aktiv wird, werden die Betriebe mitziehen können,“ prophezeit Erika Lenz, „denn, die Politik bestellt zwar, aber kaufen kann nur der Verbraucher die Produkte.“

Auch ein bewusster Umgang mit Lebensmitteln und das Wissen um eine gute und gesunde Ernährung ist heute nicht mehr selbstverständlich und muß daher künftig wieder einen Platz in den Lehrplänen für allgemeinbildende Schulen haben, fordert Erika Lenz.

Aber auch die Produzenten haben großen Informationsbedarf und sind völlig verunsichert, wie die Präsidentin aus eigener Erfahrung berichtet. Bisher haben alle Landwirte hart gearbeitet, nachhaltig gewirtschaftet und gesunde Lebensmittel hergestellt, die den Verbraucher nicht krank gemacht haben. Fast drei Monate nach dem ersten BSE-Fall in Deutschland wird dies alles in Frage gestellt. Zusätzlich zur Angst der Bauern, selber ein BSE-Rind im Stall zu haben und den gesamten Bestand töten lassen zu müssen, sollen sie sich auch bereits mit neuen Produktionsrichtlinien auseinandersetzen. Die landwirtschaftlichen Betriebe brauchen diese Informationen möglichst schnell, weil

- erst mit den Vorgaben der Politik die Verunsicherung der Bäuerinnen und Bauern beendet wird. Neben der Existenzfrage, ob der eigene Betrieb die Krise überleben wird, werden derzeit alle Investitionen in die Zukunft des Betriebes eingefroren.

- Je länger ein konkreter Rahmen für die Neudefinition der zukünftigen Agrarpolitik auf sich warten läßt, desto schwieriger wird die Situation für die Landwirte.

„Täglich sprechen mich Bäuerinnen an und wünschen zu den künftigen neuen Vorgaben für die Landwirtschaft konkrete Informationen“, berichtet die Präsidentin. Der Deutsche Landfrauenverband fordert hier nicht nur schnell Klarheit, sondern will sich bei der Definition auch einbringen. Es gilt ein Konzept zu erarbeiten, das die Verbraucherwünsche umsetzt, die Rolle der Landwirtschaft bei der Pflege der Kulturlandschaften berücksichtigt und den Betrieben auch innerhalb des europäischen Marktes und mit den Auswirkungen der Globalisierung langfristig ein Überleben sichert. Denn was bringen uns die verbraucherfreundlichsten Gesetze in Europa und in der Welt, wenn die landwirtschaftlichen Betriebe die Agrarwende nicht überstehen und die Lebensmittel unter anderen Bedingungen unkontrolliert produziert und importiert werden?

Für den Deutschen Landfrauenverband ist es völlig indiskutabel, zur Finanzierung der Kosten der neuen Agrarpolitik die zugesagte Senkung des Steuersatzes für Agrardiesel von 57 auf 47 Pfennig/Liter zurückzunehmen. Diese Senkung ist als Ausgleich für die Öko-Steuer zugesagt worden, die die Landwirtschaft im Gegensatz zu anderen Wirtschaftszweigen in Deutschland voll bezahlen muß. Mit der Öko-Steuer wird das allgemeine Rentensystem finanziert, aber die Alterssicherung der landwirtschaftlichen Familien bleibt dabei nicht nur außen vor, sie ist für die Bäuerinnen und Bauern sogar teurer geworden. Hier noch einmal die Daumenschrauben anzulegen, wäre eine weitere Existenzbedrohung der bäuerlichen Familienbetriebe. Das wäre keine Wende, sondern das Ende für viele Betriebe.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Landfrauenverband e.V. (dlv) Ernst-Reuter-Platz 3-5 10587 Berlin Telefon: 030/31904151 Telefax: 030/31017831

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