Pressemitteilung |

Festbeträge: BPI fordert Moratorium

(Frankfurt) - In der aktuellen Diskussion um das Festbetragsanpassungsverfahren hat der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) ein Moratorium verlangt. „Das Verfahren muss ausgesetzt werden, bis der Gesetzgeber die derzeitige Situation bereinigt und dabei die anstehenden Gerichtsurteile berücksichtigt hat", erklärte der Hauptgeschäftsführer des BPI, Dr. Hans Sendler, auf der heutigen Vorstandssitzung des Verbands in Frankfurt. Dr. Sendler bezeichnete die gegenwärtige Lage als „absolut verworren". Es gebe keine Rechtssicherheit. Deshalb sehe der BPI keine Alternative zu einem Moratorium der Festbetragsregelungen. „Wir erwarten, dass schnellstmöglich über geordnete und rechtlich saubere Verhältnisse geredet und entschieden wird", betonte der BPI-Hauptgeschäftsführer. Falls es nicht dazu komme, so Dr. Sendler weiter, würden Mitgliedsunternehmen des BPI Schadenersatzklagen gegen die Spitzenverbände der Krankenkassen vorbereiten. Absenkungsvorschläge bis zu 87 Prozent unterhalb des Marktpreises könnten die betroffenen Unternehmen nicht untätig hinnehmen.

Das Festbetragsfestsetzungs- und -anpassungsverfahren ist nach Angaben Dr. Sendlers bereits in der Vergangenheit mehrfach durch Gerichte als nicht verfassungsgemäß eingestuft worden. Außerdem entspreche es nicht dem EU-Wettbewerbs- und Kartellrecht. Eine grundsätzliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts stehe ebenso noch aus wie die Urteile des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs zu den EU-kartellrechtlichen Fragen. „Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist eine Entscheidung wie die aktuelle Festbetragsanpassung, die weitgehend in die wirtschaftlichen Freiheiten der Mitgliedsunternehmen eingreift, nicht vertretbar", sagte der Hauptgeschäftsführer.

Bedenken des Bundeskartellamts
Er verwies auch auf die gravierenden Bedenken des Bundeskartellamts, das in Aussicht gestellt hatte, die geplante Festbetragsabsenkung untersagen zu wollen. „Wir begrüßen den Vorstoß des Bundeskartellamts, weil die Spitzenverbände der Krankenkassen bei der Festbetragsfestsetzung quasi als Einkaufskartell fungieren, das die Preise- bzw. Erstattungshöchstgrenzen gegenüber den Herstellern festlegt."

„Das aktuelle Festbetragsanpassungsverfahren ist der letzte Tropfen, der aus Sicht der pharmazeutischen Unternehmen das Fass zum Überlaufen gebracht hat", kritisierte Dr. Sendler. Neben den bekannten ärgerlichen Verfahrensmängeln, die seit jeher die Entscheidungsprozesse willkürlich und undurchsichtig machten, sei das Ausmaß der Festbetragssenkungen für eine Vielzahl von Unternehmen bedrohlich. „Die Spitzenverbände der Krankenkassen versuchen im laufenden Festbetragsanpassungsverfahren, die Kuh, die gemolken werden soll, zu schlachten." Das für die Festbetragsanpassung vorgesehene von den gesetzlichen Krankenkassen konzipierte „iterative Verfahren" sehe Absenkungen von bis zu maximal 25 Prozent vor – nicht zuletzt, um allzu drastische Preisabsenkungen zu vermeiden. „Im aktuellen Verfahren sind aber Substanzgruppen mit deutlich höheren Absenkungen betroffen", berichtete der BPI-Vertreter. Von den 443 Festbetragsgruppen sollten in 263 Fällen die Festbeträge gesenkt werden, was einem sogenannten Einsparvolumen von 1,2 Milliarden Mark entspreche. In der Spitze reiche die Differenz der Absenkungsvorschläge zu den Marktpreisen bis zu 87 Prozent. Große Arzneimittelmärkte, wie derjenige für ACE - Hemmer, würden mehr als halbiert (minus 55 Prozent). Die vorgesehene Absenkung alleine bei dieser Festbetragsgruppe würde bei 58 Unternehmen ein Umsatzvolumen von 627 Mio. DM betreffen. Daneben würden Festbeträge für Arzneimittel festgelegt, deren Höhe die Selbstbeteiligung der Versicherten nicht erreiche und damit bei der Gesetzlichen Krankenversicherung zu keinen Ausgaben führt. Allein beim derzeitigen Verfahren seien für mehr als 3.500 Arzneimittelpackungen Festbeträge von 10 Mark oder weniger vorgeschlagen worden.

Arbeitsplätze gefährdet
„Die geplanten Festbetragsregelungen schaden dem Standort Deutschland, gefährden Arbeitsplätze, bedrohen einen exportstarken Wirtschaftszweig und verhindern die bewährte Arzneimittelauswahl des Patienten in der gesetzlichen Krankenversicherung", warnte Dr. Sendler. Der Festbetragsmarkt sei der dominierende Arzneimittelmarkt in Deutschland und mache bei einem Umsatzvolumen von 16,6 Milliarden Mark 46,5 Prozent des Umsatzvolumens der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und 64,6 Prozent des verordneten Packungsvolumens aus. Festbeträge seien faktisch Preisfestsetzungen. Auch wenn Unternehmen rein rechtlich die Möglichkeit hätten oberhalb der Festbeträge festzusetzen, werde dies aufgrund der überragenden Bedeutung des GKV-Arzneimittelmarktes in 95 Prozent aller Fälle faktisch nicht getan.

Festbeträge bestrafen Wettbewerb
„Wir wollen Wettbewerb im Gesundheitswesen, aber Festbeträge erreichen das genaue Gegenteil. Sie sind kontraproduktiv, sie bestrafen Wettbewerb, der doch Voraussetzung für Preissenkungen ist", beklagte Dr. Sendler. Die Regelung berge die Gefahr, dass Präparate bestimmter Indikationen durch einen ruinösen Wettbewerb aus dem Markt gedrängt würden. Dr. Sendler sprach von einem „massiven Eingriff in die Therapieauswahl bei der gesundheitlichen Versorgung im System der gesetzlichen Krankenversicherung". Die Marktverfügbarkeit einer Reihe wichtiger Arzneimittel sei mittelfristig nicht mehr zu gewährleisten. Weitere Forschungen in bereits festbetragsgeregelten Märkte unterbleibe, da sich die zum Teil erheblichen Investitionen nicht amortisieren würden.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI) Karlstr. 21 60329 Frankfurt Telefon: 069/25560 Telefax: 069/237813

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