Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

DAV begrüßt EGMR-Entscheidung zur Türkei

(Berlin) - Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßt die erste materiell-rechtliche Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu den Inhaftierungen in der Türkei im Zusammenhang mit dem seit Juli 2016 ausgerufenen Notstand.

"Es ist ein erfreuliches Signal, wenn sich der EGMR in den Fällen Alpay und Altan endlich zu klareren Worten in Richtung Erdogan entschließt", erklärt DAV-Präsident Ulrich Schellenberg "Wenn selbst die Entscheidungen des türkischen Verfassungsgerichts nicht mehr umgesetzt werden, liegt ein so eklatanter Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot vor, dass der EGMR hier gar keinen Raum für eine anders lautende Entscheidung hatte."

Wichtig sei, dass der EGMR jetzt auch in den 1.000 weiteren Fällen den Mut finde, in der Sache zu entscheiden, und seiner wichtigen Rolle als Hüter der Menschenrechte in Europa weiter gerecht wird, so Schellenberg. "Er darf sich in anderen Fällen nicht hinter formellen Anforderungen wie der Rechtswegerschöpfung verstecken."

Alleine im Jahr 2017 hat der EGMR mehr als 30.000 Beschwerden als unzulässig erklärt, weil der innerstaatliche Rechtsweg nicht ausgeschöpft wurde. Dabei hat der EGMR bereits früher entschieden, dass die Rechtswegerschöpfung nur dann ein zwingendes Zulassungskriterium sei, wenn auf der nationalen Ebene effektive Rechtsschutzmöglichkeiten bestünden.

Die letzten Monate haben jedoch gezeigt, dass die türkische Justiz angesichts der Klagewelle maßlos überfordert ist. Die vom EGMR im Juni 2017 im Fall Köksal als Rechtsschutzmöglichkeit benannte siebenköpfige türkische Kommission hat bereits jetzt einen Rückstand von Zehntausenden von Fällen.

Wenn sie in dem bisherigen Tempo weiterarbeitet, braucht sie zur Erledigung der bisher anhängigen Verfahren mehr als 45 Jahre", prognostiziert Schellenberg und fügt hinzu: "Es ist an der Zeit, dass Anwältinnen und Anwälte aus Europa enger zusammenarbeiten, um den EGMR zu einer Entscheidung zu drängen." Hierzu hat der DAV Anfang März in einer gemeinsamen Konferenz mit Anwaltvereinen aus ganz Europa den ersten Schritt initiiert.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV) RA Swen Walentowski, Pressesprecher Littenstr. 11, 10179 Berlin Telefon: (030) 7261520, Fax: (030) 726152190

(sy)

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