Pressemitteilung | Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V.

Bürokratie, Niedrigzins, Digitalisierung: Stiftungen im Umbruch / Bundesverband Deutscher Stiftungen legt aktuelle Stiftungszahlen vor und mahnt: Stiftungsrecht hinkt Entwicklungen hinterher / Mehr Transparenz: ein bundesweites Stiftungsregister gehört jetzt auf die politische Agenda / 2,1 Prozent Stiftungswachstum im Jahr 2017 / Stiftungen nutzen neue Wege in der Vermögensanlage

(Berlin) - Die Zahl der Stiftungen in Deutschland ist im vergangenen Jahr um 549 Neuerrichtungen auf 22.274 gestiegen. Das gab der Bundesverband Deutscher Stiftungen heute in Berlin bekannt. "Mit 2,1 Prozent Stiftungswachstum ist klar: Stiften bleibt weiter eines der erfolgreichsten Modelle, sich nachhaltig für die Gesellschaft zu engagieren. Stiftungswirken ist überall: Stiftungen tragen zum Beispiel rund 150 Krankenhäuser und 270 Museen oder pflegen mindestens 154.000 Hektar Naturschutzflächen. So wie Wagniskapital in der Wirtschaft wirken Stiftungen an entscheidender Stelle im System", so Prof. Dr. Michael Göring, Vorstandsvorsitzender im Bundesverband Deutscher Stiftungen.

Die stifterisch aktivste Unternehmensgruppe in Deutschland ist die Sparkassen-Finanzgruppe. Die Zahl der Stiftungen der Sparkassen-Finanzgruppe ist im vergangenen Jahr um 7 gewachsen und liegt aktuell bei 745. Rund 75,5 Millionen Euro schütteten Sparkassenstiftungen in 2017 aus. Dr. Heike Kramer, Leiterin Gesellschaftliches Engagement und Veranstaltungsmanagement, Deutscher Sparkassen- und Giroverband: "Stiftungen der Sparkassen-Finanzgruppe mit einem Stiftungskapital von 2,6 Milliarden Euro sind in den Regionen und im ländlichen Raum unverzichtbarer Förderer von Kultur, Sport und Sozialem. Aber auch unsere Stiftungsvermögen sind in Gefahr. Im Hinblick auf die Niedrigzinsen und das wertebasierte Engagement der Sparkassenstiftungen ist die strategische Optimierung unserer Vermögensanlagen das wichtigste Gebot. Hier ist es wichtig, sich mit zeitgemäßen Anlageformen auseinanderzusetzen."

Generalsekretär Felix Oldenburg sieht auch die Politik in der Pflicht: "Wenn die Erträge weiter sinken, stehen viele Ideen und Engagierte allein da. Und auch die zunehmende Bürokratie macht Engagierten in Stiftungen das Leben schwer. Daher erwarten wir von der neuen Bundesregierung die zügige und längst fällige Umsetzung der Stiftungsrechtsreform - wie im Koalitionsvertrag angekündigt. Es darf nicht um weniger, es muss um mehr Stiftungswirken gehen. Nur mit flexiblen und modernen Modellen werden wir die nächste Generation gewinnen."
So wie zum Beispiel die IOTA Foundation, gegründet im Herbst 2017 in Berlin. Sie ist die erste Stiftung in Deutschland, die auf einer Kryptowährung basiert. Zudem haben die Stiftenden die seltene Form der Hybridstiftung gewählt. Dabei kann ein Teil des Vermögens für den Zweck verbraucht werden.

Dazu Felix Oldenburg: "Auch Start-up-Gründer sind die Stifter und Stifterinnen von morgen. Und Stiftungen sind die Start-ups, die Innovatoren, der Zivilgesellschaft. Allein die dem Bundesverband bekannten jährlichen Stiftungsausgaben in Höhe von 4,3 Milliarden Euro entsprechen der Höhe des Risikokapitals, das 2017 in Start-ups investiert wurde."

Stiftungswachstum bei 2,1 Prozent

549 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts haben 2017 ihre Anerkennungsurkunde erhalten. Im gleichen Zeitraum sind 75 Stiftungen aufgelöst, anderen Stiftungen zugelegt oder mit anderen Stiftungen zusammengelegt worden. In der Summe steigt die Zahl der Stiftungen in Deutschland auf 22.274 (2016: 21.806). Das Stiftungswachstum liegt bei 2,1 Prozent (2016: 2,4 Prozent). Auf 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner kommen deutschlandweit 27 Stiftungen. Gegenüber dem Bundesverband Deutscher Stiftungen berichteten einzelne Stiftungsaufsichten von einer verstärkten Nachfrage nach Verbrauchsstiftungen sowie Zu- und Zusammenlegungen von Stiftungen.

Blick auf die Bundesländer

In absoluten Zahlen erreichte abermals das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen mit 123 Neugründungen den stärksten Stiftungszuwachs. Auch im Gesamtbestand liegt NRW weiter an der Spitze: 4.370 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts haben hier ihren Sitz. An zweiter Stelle liegt Bayern mit 3.997 Stiftungen, gefolgt von Baden-Württemberg mit 3.329 Stiftungen. Sachsen ist mit 547 Stiftungen stiftungsreichstes ostdeutsches Bundesland und verzeichnet bundesweit ebenfalls das höchste Stiftungswachstum mit 3,6 Prozent.

Gemessen an der Einwohnerzahl haben bei den Bundesländern die Stadtstaaten Hamburg (78 Stiftungen pro 100.000 Einwohner) und Bremen (49) sowie die Flächenländer Hessen (33), Bayern (31) und Baden-Württemberg (30) bei der Stiftungsdichte die Nase vorn. Hauptstadt der Stiftungen bezogen auf die Einwohnerzahl bleibt Würzburg. Pro 100.000 Einwohner gibt es hier 94 Stiftungen, dahinter kommen Oldenburg mit 81, Frankfurt am Main mit 79 und Hamburg mit 78 Stiftungen.

Stiftungsreform: Stiftungsregister, mehr Flexibilität und Haftungsbeschränkungen sind die Top-Forderungen des Verbandes
Die Zinsen sind niedrig, die Anforderungen an flexible Stiftungsarbeit umso höher. Doch noch erschwert das Stiftungsrecht Satzungsänderungen - selbst im Sinne des Stiftenden. Dies, wie auch die Möglichkeit der Umwandlung oder Zusammenlegung, muss erleichtert werden.

Das Kapitalmarktumfeld ist schwierig, Prognosen häufig unsicher: Wer Stiftungsvermögen ordentlich und gewissenhaft verwaltet, sollte von der Haftung ausgeschlossen sein. Noch gibt es kein bundeseinheitliches Stiftungsregister, das Stiftungsvertreter befähigt, sich im Rechtsverkehr zu legitimieren - und das die Öffentlichkeit transparenter über Stiftungen und ihre Organe informiert. Ein solches gehört jetzt auf die politische Agenda - sagen auch Stiftungen: 73,2 Prozent der vom Bundesverband Deutscher Stiftungen mit seinem StiftungsPanel befragten Stiftungen (n=246) befürworten die Einrichtung eines bundeseinheitlichen Stiftungsregisters mit Publizitätswirkung.
Auf der Konferenz der Innenminister Anfang Juni 2018 werden die endgültigen Vorschläge zur Stiftungsreform vorgestellt.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V. Katrin Kowark, Mauerstr. 93, 10117 Berlin Telefon: (030) 8979470, Fax: (030) 89794711

(sy)

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